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DIE PUPPE



Mit John Fraser (Peter Matty), Anouska Hempel (Phyllis Du Salle), Geoffrey Whitehead (Claude Matty), Cyril Luckham (Sir Arnold), Derek Fowlds (Max Lerner), William Russell (Julian Osborne), Sarah Brackett (Linda Braithwaite)
Regie David Askey Buch Francis Durbridge Film-Kamera John Williams Film-Schnitt M.A.C. Adams Film-Ton Bill Chesneau Designer Michael Edwards Studio-Licht Bob Gell Studio-Ton Alistair Askham Producer Bill Sellars Produktionsassistent Peter Grimwade

English

Verleger Peter Matty läuft völlig in Gedanken versunken durch London, auf dem Rückweg zu seinem Büro. Fast wird er von einem Auto umgenietet. Den Boten, der ihn grüßt, erkennt er, wenn überhaupt, mit ziemlicher Verzögerung. Warum ist Peter so durch den Wind? Das erzählt er kurze Zeit später seinem Bruder Claude in einer Rückblende ...

So beginnt dieser Thriller, der bei seiner Erstausstrahlung in Sachen Spannung alles in den Schatten stellte, was ich bis dahin gesehen hatte.
Hilfreich war dabei, es war Durbridge-Spannung, ohne extreme Gewalt, ohne breit ausgewalzte sexuelle Handlungen, ohne stundenlanges Vorbereiten einer Spritze, die man sich dann japsend in die Vene jagt. Sprich, alles was heutiges Fernsehen so "toll" macht - von mir aus so realistisch - fehlte. Stattdessen hatte einer der vielen Gänsehaut-Momente schlichtweg mit der Auslage eines Fotogeschäfts zu tun ...

Bei Durbridge killt und vögelt (sagen wir besser: knutscht) eine weiße Oberschicht, die vielen wohl schon damals als Fantasiewelt vorgekommen sein mag. Und wir Großstädter flüchten auch heute noch gerne in diese Fantasiewelt, weil sie nichts mit dem zu tun hat, womit wir täglich rechnen müssen, nämlich daß uns ein vorgeblich "Politischer" im Bahnhof wegsprengt, daß einer mit Kappe verkehrtrum auf dem albern rasierten Schädel mit gezücktem Messer vor uns rumhüpft und Handy und Bares sehen will, daß einem debilen Riesenbaby die Fäuste locker sitzen, nur weil man einen Schalke-Schal trägt.
TheDoll
Geoffrey Whitehead, William Russell, John Fraser. (c) BBC / Pidax Film
Wir schweifen leicht ab, und das aus gutem Grund. Zum Inhalt von The Doll soll nämlich nicht mehr verraten werden. Vielleicht gibt es Leute, die den Film noch für sich entdecken wollen, und die sollen nicht den Spaß versaut bekommen. Konzentrieren wir uns also auf den Hintergrund und das "Making of ..."

Da David Askey (The Gentle Touch, Tenko, The Dark Side of The Sun) kein Doctor-Who-Regisseur ist, ist über ihn wenig bekannt. Allerdings verdient sein Händchen für Casting auf jeden Fall schon mal höchsten Respekt. Die Stars, die er sich ausgeguckt hat (beide sind gewissermaßen Immigranten), sind im Rückblick für kapriziöses Verhalten bekannt, und vielleicht funktioniert gerade deswegen die Chemie zwischen ihnen besonders gut: alles wirkt stimmig und natürlich, und keine Szene hat den Stempel "gespielt" aufgedrückt.

Askey eilt der Ruf voraus, gut mit Schauspielern zu können, was nicht immer selbstverständlich ist bei TV-Regisseuren, die gegen die Uhr und gegen das begrenzte Budget kämpfen müssen. Trevor Baxter, der eine Nebenrolle in Dark Side of the Sun hatte, lobte ausdrücklich Askeys Talent, dem Darsteller das Wesentliche einer Performance zu entlocken, ihm Vertrauen einzuflößen und keine Richtung vorzugeben, im Gegenteil ihm/ihr die Wahl dieser Richtung freizustellen. Als freundlich, höflich, sensibel im Umgang mit den Künstlern beschreibt Baxter den Regisseur, und als das Gegenteil eines Machtmenschen, den - so Baxter - einige seiner Regie-Kollegen meinen heraushängen lassen zu müssen.

Der für den Ton zuständige BBC-Techniker bei den Außenaufnahmen war Bill Chesneau. Einer von Bills Lieblingssätzen ist "We made all the best programmes!", und in der Tat hat er selbst an vielem mitgewirkt, was Classic Drama-Freunde heute über alle Maßen schätzen. Sein Kollege hinter der Kamera war John Williams, zu dieser Zeit ein relativ unbeschriebenes Blatt, abgesehen von einzelnen Folgen von The Onedin Line.
TheDoll
Anouska Hempel, Cyril Luckham, William Russell. (c) BBC / Pidax Film
Hauptdarsteller John Fraser war, und ich sage das mit einer gewissen Enttäuschung, sich zu fein dafür, in seiner Autobiographie auch nur eine Fernsehproduktion, geschweige denn The Doll, zu erwähnen. Nein, ein richtiger Schauspieler hat nur zwei Dinge, auf die er stolz zurückblicken kann: Film und Theater (letzteres dürfte noch schlechter bezahlt werden als Fernsehen, aber Schwamm drüber). One is a Shakespearean actor ... "Von Kopf bis Fuss", wie er sagen würde. Seine Sprache wirkt im übrigen oft überfrachtet - man merkt, daß der Mann auch Lyrik verfaßt.
Fraser ist ja zur Entstehungszeit nicht mehr der jüngste (er war Mitte 40), aber - das ist durchaus positiv gemeint - er bringt, anders als seine Vorgänger Gerald Harper und Francis Matthews, etwas Jungenhaftes mit: daß er sich in eine geheimnisvolle Blondine rest- und hilflos verguckt, nimmt man ihm ohne Weiteres ab. Was das sonstige demonstrativ durchschnittliche Verhalten der Durbridge-Hauptfigur angeht, steht er wieder voll in der Tradition seiner Vorgänger (speziell Jack Hedley, Gerald Harper).
Wieder möchte ich nicht zuviel verraten, doch wer wissen will, welche Themen Fraser wirklich am Herzen liegen, sollte sich etwa die Seiten 34-5 in "Close-up: An Actor Telling Tales" vornehmen.
TheDoll
Anouska Hempel, John Fraser. (c) BBC / Pidax Film
Anouska Hempel wiederum ist gleichzusetzen mit einem Paradigmenwechsel. Ich erinnere mich an eine diesbezüglich abfällige Kritik, die zur Zeit der deutschen Ausstrahlung herauskam (daß ich die Details nicht mehr weiß, tut mir nicht weiter weh - es wird eine eifersüchtige Dame gewesen sein.). Die Frauen in den vorhergehenden Durbridge-Serials waren nicht nur - bis Ende der 60er - schwarzweiß, sie hatten auch etwas Braves, Sauberes, vergleichbar mit den wohl jedermann geläufigen Darstellerinnen in den deutschen Edgar-Wallace-Filmen. June Barry in A Game of Murder ist ein Paradebeispiel.
Eine entscheidende Stufe auf der Entwicklungsleiter des "modernen" Durbridge-Casting war Ros Drinkwaters Rolle in Paul Temple. Der Darstellerin hat es nachweislich nicht immer gefallen, die Produzenten waren sich ihrer Sache keineswegs sicher, doch Autoren und Regisseure haben immer wieder sehr geschickt und subtil das Potential hervorgekehrt, das eine "dekorativ" rumstehende bzw. rumlaufende Ehefrau hergibt. Da wäre insbesondere Philip Dudley zu nennen, der Ros in Games People Play - ihre strenge Alan-Bromly-Frisur wirkt dem nicht entgegen - immer wieder als leichtbekleidete Swinging-Sixties-Maus in Stellung bringt, die sich quasi dem sozialen Code des Playboys und seiner Claqueuren-Truppe angleicht. So macht Dudley mit rein visuellen Mitteln klar, daß Mrs. Temple in einen Sog gerät, der für sie und Paul Gefahr bedeutet. "That is style over content, and that is not the BBC", werden Spielverderber wie der damalige Managing Director of Television Huw Wheldon sagen. Unter seinen Nachfolgern hat man dann glücklicherweise eingesehen, daß anspruchsvolle Programme auch jenseits von Shakespeare, George Eliot und den Bronte-Schwestern möglich sind.

In dieser Tradition also steht das Casting von Anouska Hempel: Wir brauchen einen "Feger", der Held und Publikum gleichermaßen in Bann schlägt. Anouska (ist das sexistisch? Wir können auch Frau H. aus NZ sagen) hatte das schon einmal gespielt, und zwar in Roger Marshalls sechsteiliger Serie Zodiac, in dem sie ein Team mit dem etwas steifen Anton Rodgers bildete. Kleiner Spaß am Rande: Als Zodiac vor kurzem auf DVD veröffentlicht wurde, warb man erklärend damit, daß die Serie in eine Zeit fiel, in der die breite Masse ihr Interesse am Übersinnlichen entdeckte und deswegen das Publikum in Begeisterungsstürme verfiel. Bullshit. Das Publikum, zumindest der männliche Teil, schaltete ein, weil Anouska geschmackvoll, aber dennoch eher spärlich bekleidet durch die Gegend lief und weil man ihr gerne dabei zusah. Die Tarot-Karten und die Kristallkugel waren Nebensache, sie hätte auch 50 Minuten an der Supermarktkasse sitzen können. (Fernsehhistorische Notiz: Solche Spanner-Szenen für die ganze Familie gab es dann später in Doctor Who, als Louise Jameson auf den Plan trat.)

Das gar nicht mal so Überraschende ist nun, Anouska ist heute adlig verheiratet und Dienstleisterin der, sagen wir's mal ganz vorsichtig, Besserverdienenden. Sie entwirft als Lady Weinberg Klamotten und Möbel, Gärten, Inneneinrichtung für Häuser und Yachten. Sie posiert auf ihrer Webseite vor vier Herren am Telefon, und das Bild macht völlig klar, wer hier sagt, wo es langgeht. Darüber hinaus mag Anouska nicht so gerne auf ihre Schauspiellaufbahn angesprochen werden. Das hat weniger mit Zodiac und The Doll zu tun als mit anderen Werken, die wir hier aus Respekt nicht weiter erwähnen wollen. Tim Greaves beschrieb vor vielen Jahren in einem seiner "One-Shot"-Hefte sehr anschaulich, was es für ein Theater gab, als er auszog, Anouska ein gedrucktes - und reich illustriertes - Denkmal zu setzen (nachzulesen in "Luan Peters: Homage to a Seraph").

Die Vergangenheit einfach wegdrücken, das kann man zwar versuchen, doch es wird nicht ohne Widerstand abgehen. Im Verfasser dieser Zeilen etwa steckt ein Stück Peter Matty. Wenn er ein Foto von Anouska in der Auslage sieht (das heißt heute Ebay), erwacht das Jagdfieber ... Der Preis ist in der Regel gesalzen, doch glücklicherweise in der Regel niedriger als der, den man für ein Stück aus der Hempel-Produktpalette berappen muß.
TheDoll
John Fraser (R). (c) BBC / Pidax Film
Und auch die Firma Pidax hilft mit. Sie hat sich des Dreiteilers im Jahr 2013 angenommen und ihn mit englischer Tonspur und deutscher Synchronisation veröffentlicht. Die vorliegende DVD entspricht der ZDF-Fassung von 1982, d.h. die 150 Minuten des Originals wurden zu zwei Teilen à circa 75 Minuten umgeschnitten. Den angenehm fehlerfreien Booklet-Text (kein Vergleich etwa zur australischen Paul-Temple-Veröffentlichung) verfaßte Dr. Georg Pagitz. Die DVD ist zu einem mehr als fairen Preis (hallo ausländische Kundschaft!) zu beziehen direkt vom Anbieter (www.pidax-film.de) oder über www.amazon.de.

DollDVD

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